Am 9.November 2002 fand in Evanston, einer Universitätsstadt nördlich
von Chicago das zwanzigste TI Usertreffen (TI Faire) der TI-Usergroup Chicago
statt. Seit langem schon bestehen Kontakte über das Internet mit unseren
amerikanischen Freunden. Da ich dieses Jahr keinen Gelegenheit hatte beim
internationalen TI-Usertreffen in Nottingham dabei zu sein, beschloss ich,
dafür diesmal nach Chicago zu gehen.
Ein günstiger Flug war über das Internet bald gefunden und dank
Berry Harmsen auch ein günstiges Hotel. Um nicht soviel Geld nur für
ein kurzes Wochenende auszugeben, plante ich ein ganze Woche in Amerika zu
verbringen und mir dabei Chicago und eventuell auch das Umland anzuschauen.
Abflug war am Donnerstag vor dem Usertreffen. Via London flog ich von Stuttgart nach Chicago. Die Vorfreude war groß, so daß sich die Länge des Fluges kaum bemerkbar machte. Am Flughafen wurde ich bereits von Berry und Hal Shanafield, dem Organisator des Treffens erwartet. Nach dem Transfer zum Hotel zeigte uns Hal Evanston. Nach dem Abendessen und einem kurzen Spaziergang ging ich früh zu Bett, da mir der Jetlag doch zu schaffen machte.
Am nächsten Morgen erwachte ich recht früh. Nach einem reichhaltigen
Frühstück machten Berry und ich uns auf nach Chicago. Eine Fahrt
mit der "L", der Hochbahn von Chicago, ist schon eine Sache für sich.
Als erstes besuchten wir den Sears Tower, das derzeit höchste Gebäude
von Amerika und zweithöchste der Welt. Von seinem Skydeck hat man einen
weitreichenden Blick über Chicago, sein Umland und den Michigan-See.
Bei gutem Wetter kann man 4 US-Staaten sehen. Eigentlich empfindet man die
Höhe gar nicht. Erst wenn man wie wir später durch die
Strassenschluchten der Innenstadt geht, erkennt man, wie gigantisch eigenlich
alles ist. Chicago ist eine gewaltige Ansammlung von Gebäuden mit
unterschiedlichen Baustilen. Leider verstehe ich nicht allzuviel davon. Einiges
ist nur funktionell, anderes dafür von einer beeindruckenden
Schönheit. Vieles aber würde bei uns nur unter den Begriff Kitsch
fallen. Bei manchen Gebäuden hat man den Eindruck, sie wären direkt
einem Hollywood-Film entsprungen. Den ganzen Tag spazierten wir durch den
Loop (die Innenstadt) und die Magnificant Mile(eine Einkaufssstraße).
Aber es gab nicht nur schönes zu sehen. An vielen Gebäuden
blättert der Putz und gar mancher Stahlträger ist verrostet. Teile
der Hochbahn würden bei uns aus Sicherheitsgründen wohl stillgelegt.
Es ist wie überall in Amerika - alles wird ins Extreme getieben.
Am späten Nachmittag trafen wir wieder im Hotel ein. Nach einiger Zeit
traf Ben Yates mit Familie ein, gegen später stieß auch Hal zu
uns. Man beschnupperte sich und erste Erfahrungem mit dem TI wurden ausgetauscht.
Nach dem Abendessen fuhren Hal, Berry und ich zum Hotel von Bob Carmany,
um ihn abzuholen. Leider kannte sich Hal in den Randbezirken von Chicago
auch nicht so gut aus, so daß es eine kleinere Irrfahrt wurde. Immerhin
konnte wir so die nördliche Umgebung von Chicago bei Nacht kennenlernen.
Gemeinsam suchten wir dann noch eine Bar auf, wo bereits Ernie Pergrem, Mike
Wright und Dave Connery auf uns warteten. Es gab ein großes Hallo und
schon waren wir wie üblich am Fachsimpeln.
Samstag war dann der große Tag. Morgens um 9 Uhr öffnete die
Bibliothek und wir begannen mit dem Aufbau. Bald liefen die ersten Computer
und die Besucher strömten herbei. Naja, es ist wie bei uns, die großen
Zeiten sind vorbei. Ich schätze, daß ca. 40 User im Laufe des
Tages anwesend waren. Es gab viel zu sehen und gar manches Objekt wechselte
seinen Besitzer. Für mich Europäer gab es natürlich viele
Dinge, die nie auf dem europäischem Markt aufgetaucht waren. So konnte
ich manches Schnäppchen machen und meine Modulsammlung um etliche
Stücke erweitern. Zu gern hätte ich einen der angebotenen Geneve9640
mitgenommen. Leider ließ dies aber mein Gepäcklimit nicht mehr
zu.
Aber es wurden auch Neuheiten vorgestellt. So präsententierte Tony Knerr
ein neues MDOS für den Geneve, mit dem die verschiedenen bisherigen
Betriebssysteme für die unterschiedlichen Harddisk-Controller
überflüßig werden. Norm Rokke stellte sein neues Spiel
BATTLESHIPS vor, an dem er gerade arbeitet und das nach seiner Fertigstellung
eventuell als Freeware verteilt werden soll. Es handelt sich dabei um eine
spezielle Version von SCHIFFE VERSENKEN. Ben Yates zeigte uns einige seiner
XB-Programme, die er mit einem neuen XB Compiler bearbeitet hatte. Leider
ist dieser Compiler nicht offiziell freigegeben, aber Ben hat Kontakt zu
dem Autor, so daß wir hoffen, eines Tages diesen Compiler der ganzen
TI-Gemeinde zugänglich zu machen. Am Nachmittag sollte ich dann meinen
CD-Commander vorstellen. Wie so oft bei TI-Treffen klappte zunächst
gar nichts. Nach einigen Versuchen und mehreren Änderungen am Programm
blieb nichts anderes übrig, als die Anlage zu wechseln. Dort konnte
ich dann das Programm in seinen Grundzügen vorstellen, auch wenn trotzdem
noch einiges nicht richtig klappte. Zum guten Schluß zeigt Mike Wright
noch die neuesten Änderungen und Erweiterungen des PC99. Nach dem Ende
der Veranstaltung in der Bibliothek von Evanston gingen die Noch-Anwesenden
in ein nahe gelegenes Restaurant zu einem gemeinsamen Essen. Dort wurden
noch etwas Erfahrungen aus getauscht und man genoss das Beisammensein mit
Leuten, die sich teilweise nur einmal im Jahr treffen.
Anschließend begaben wir uns in ein Cybercafe, um den Rest des Abends
im Internet zu surfen. Berry nutzte die Gelegenheit, die aktuellen Bilder
vom Treffen gleich in der deutschen und der holländischen OLUG zu
präsentieren. Ein Zugriff auf die amerikanischen Seite war leider gesperrt,
so daß wir unseren Gastgebern die Bilder nicht gleich ins Internet
stellen konnten.
Der Sonntag wurde dann wieder privat genutzt. Ich begab mich wie bei jedem
Treffen am Sonntag Morgen in die Kirche. Das außergewöhnliche
daran war diesmal, daß Hal und Berry, die mich dort abholen wollten,
gleich zusammen mit mir zum Mittagessen ein geladen wurden, weil in der dortigen
Kirchengemeinde ein Geburts tagsfest gefeiert wurde.
Am Nachmittag waren Berry und ich bei Ernie eingeladen. Mike und er holten
uns ab und gemeinsam fuhren wir hinaus in Umland. Ernie wohnt etwa 50 Meilen
außerhalb von Chicago. Wir besahen uns seinen Hobbykeller mit
TI-Zubehör und er stellte uns seine Foundation Z80A Karte vor. Mit dieser
Karte können Geräte vom TI und vom PC gemeinsam verwendet werden.
Anschließend fuhren wir zu Vic, dem Vorsitzenden der Chicago TI User
Group. Er zeigte uns seine "Schatzkammer", in der sich Dinge befinden, von
denen ich bisher weder gehört noch so etwas jemals gesehen hatte. Vic
besitzt eine Unzahl von Modulen, Disketten und wahrscheinlich jeden Text,
der jemals zum TI veröffentlicht wurde.
Zum Anschluß gingen wir noch in ein typisch amerikanisches Restaurant,
einem Schnellimbiss im Stil der 50er-Jahre. Nach Aussage von Ernie gibt es
dort den besten Hotdog überhaupt. Ich kann es leider nicht
überprüfen, den ein amerikanischer Hotdog ist mit unseren deutschen,
die ja eigentlich nur ein Würstchen im Brot sind, nicht zu vergleichen.
In Amerika ist ein Hotdog gleich eine komplette Mahlzeit. Apropos Essen,
auch wenn die Mahlzeiten in den Restaurants teurer sind als in Deutschland,
so sind sie doch wesentlich reichhaltiger. (So gesehen bin ich wieder froh
zu Hause zu sein, sonst wäre ich noch dick und rund geworden. )
Über die reslichen Tage gibt es dann nicht mehr viel zu berichten. Der
Montag war ein Feiertag. Berry und ich besuchten Hal, der eine Rede zum Veterans
Day (Gedenken an die Soldaten, ähnlich unserem Volkstrauertag) halten
mußte. Da es eiskalt war und es auch zu regnen begann, fiel die
Veranstaltung doch recht kurz aus. Nach dem gemeinsamen Mittagessen brachten
wir Berry zum Flugplatz. Am Abend saßen Hal und ich bei ihm zuhause,
die meiste Zeit am TI.
Den nächsten Tag, Dienstag, verbrachte ich alleine in Chicago. Ein Besuch
im Field Museum bei Sue, der Welt größtem Tyrannosaurus Rex, un
d bei den aus dem Kino bekannten menschenfressenden Löwen von Tsavo
lohnte sich allemal. Den Abend ließ ich dann in einem Jazzclub, orginal
wie 1951, als er gegründet wurde, ausklingen.
Mittwoch Morgen besuchte Hal, einer seiner Freunde und ich eine Technologiemesse
am Navy Pier in Chicago. Navy Pier ist ein Veranstaltungs- und Freizeitzentrum
am Hafen mit einem beeindruckenden Blick auf die Skyline von Chicago. Bei
der Messe gab es etliches an Soft- und Hardwareneuheiten für den PC
sowie verschiedene andere Hitech-Dinge zu sehen. Interessanter für mich
war aber das ganze Drumherum an so einer Messe. Im Gegensatz zu mancher deutschen
Messe ist es erstaunlich, wieviele Dinge wie Demosoftware, T-Shirts und
Mützen bis hin zu Laptop-Taschen von den Ausstellern als Werbegeschenke
an die Besucher verteilt wurden. Leider war mein Koffer schon voll, so daß
ich mich auch da etwas zurückhalten mußte. Am Nachmittag fuhren
wir gemeinsam zum Flughafen, wo sich Hal von mir veranschiedete. Und ich
begab mich auf meinen langen Heimweg.
Donnerstag war der letzte Tag meiner Reise. Ihn brauchte ich komplett für den Rückflug. Da ich aus Kostengründen einen Flug über London gebucht hatte, ergab sich bei der Rückreise dort ein mehrstündiger Aufenthalt. Da auch noch ein schwerer Sturm über London tobte, war unser Flugzeug das letzte mit einer Landeerlaubnis für Heathrow. Zwar ließ der Sturm nach, aber nun hatten die meisten Flugzeuge Verspätung. So saß ich den ganzen Tag in Heathrow auf dem Flughafen. Er ist allerdings wie eine kleine Stadt mit unzähligen Möglichkeiten, aber auf Dauer wird es schon langweilig. Und sowas muß mir dann auch noch an meinem Geburtstag passieren. Trotz allem kam ich wohlbehalten zuhause an. Insgesamt betrachtet hat sich die Reise gelohnt. Ich konnte viele neue Eindrücke gewinnen, lernte viele neue Freunde kennen und erfuhr auch einiges über die Lebensweise der Amerikaner, vor allem über deren Gastfreundschaft. Vor allem aber konnte ich feststellen, das unser TI auch dort noch hoch geschätzt wird und mit Sicherheit auch noch in den nächsten Jahren weiter unterstützt wird.
Und bevor ich es am Schluß noch vergesse, meinen besten Dank an Hal und seine Familie für die Gastfreundschaft und Hilfe, die sie mir in dieser Zeit gaben. Und ebenso Dank an Ernie, Mike und all die vielen anderen, die dazu beitrugen, daß die TI Faire wieder ein voller Erfolg wurde.
Dieser Text wurde auch in der Info-46 des TI Club Errorfree veröffentlicht.